Liebe Leserinnen, liebe Leser,
derzeit schreibt fast jeder Handelstag Geschichte. Nach dem Ausverkauf an den US-Aktienmärkten folgte gestern der prozentual größte Anstieg am DOW JONES seit rund 90 Jahren.
Noch spannender ging es gestern bei Gold zu.
Wir hatten gestern im Tagesverlauf nicht nur extrem hohe Spreads zwischen Geld und Brief, sondern eine noch nie dagewesene Divergenz zwischen dem Spot-Markt und dem Future-Markt.
Der Spot-Markt wurde noch unter 1.600 USD gehandelt, während der April-Kontrakt in der Spitze auf 1.700 USD gestiegen war!
Gerüchte, Auslöser und Auswirkungen
Es gab gestern bereits ab Vormittag sehr dubiose Bewegungen im Goldpreis. Mein guter Freund Peter Spina, Gründer und Betreiber von www.goldseek.com verwies auf hohe Schwierigkeiten des Kursversorgers MORNINGSTAR, der den Spot-Goldpreis aus einem Pool von Banken in die Systeme einspeist.
Fakt ist, dass wir aktuell logistische Probleme in der Gold-Versorgung haben und dies weltweit.
Erstens arbeiten Raffinerien und Prägeanstalten nicht, zweitens wurden offensichtlich zu viele Flugverbindungen gestrichen, um die derzeit extrem hohe Nachfrage bedienen zu können.
Händler und Banken sprechen von einer extrem hohen Kundennachfrage, manche sogar von einer Verzehnfachung der Nachfrage nach physischem Gold.
Im Schweizer Kanton Tessin fallen seit Montag drei große Raffinerien aus, nachdem die lokalen Behörden die Schließung „nicht lebensnotwendiger Industriezweige“ beschlossen haben. Zu nennen sind hier VALCAMBI, ARGOR-HERAEUS und PAMP.
Minenschließungen in Südafrika
Zusätzlich werden in Südafrika fast alle Minen (bis auf einige Kohleminen, die man zur Stromerzeugung braucht) ab Donnerstag für zunächst 21 Tage stillgelegt.
Goldminen müssen schließen, ebenso die ganz großen Platin- und Palladium-Minen im Land. Dies sollte zu weiteren Versorgungsengpässen im Edelmetallsektor führen.
Einen weiteren Gedankengang möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.
Wenn Banken und Goldhändler derzeit von der großen Nachfrage überrannt werden, steigen natürlich auch die Aufschläge beim Kauf von physischem Material (Münzen, Barren). Dies ist seit Wochen zu beobachten, doch seit Anfang der Woche nehmen die Aufschläge nochmals deutlich zu.
Nun könnten Händler und Banken auf folgende Idee kommen.
Sie kaufen z.B. den XETRA GOLD ETF zum Marktpreis und fordern dann die physische Auslieferung des Goldes an.
Das funktioniert im Normalfall auch, doch ob es diesmal funktioniert, stelle ich einmal in Frage.
Bereits gestern bekam ich eine Nachricht von der Börse Stuttgart bezüglich EUWAX GOLD, die zwar beruhigend wirken sollte, mich aber eher aufhorchen lässt:
Es könnte also sein, dass es hier zu extremen Spannungen im Goldmarkt kommt. Gehen Banken oder Händler SHORT und vertrauen auf die Auslieferung durch die ETFs und es kommt für Wochen nichts an, müssen sie eindecken, egal zu welchem Preis.
Gestern wurden diese „Theorien“ auch mehrfach bestätigt. Bereits am Nachmittag machte die Runde, dass einige Marktteilnehmer, die SHORT im physischen Material waren, nicht liefern konnten und „hochgegangen“ sind:
Doch das ist noch nicht alles.
Laut dem Twitter-User GOLD-TELEGRAPH soll ABN AMRO ihren Kunden mitgeteilt haben, dass sie ab nächsten Freitag kein Gold, Silber oder Platin mehr halten können und sollten die Kunden nicht selbständig verkaufen, wird die Bank es liquidieren: https://twitter.com/GoldTelegraph_/status/1242514671996932096
Wie viel Wahrheit dahinter steckt und ob die Quelle seriös ist, kann ich zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen.
Jedoch würden die jüngsten Analysten-Einschätzung von ABN AMRO dazu recht gut ins Bild passen, da man das Kursziel für Gold von 1.450 USD auf 1.300 USD gesenkt hat:
GOLDMAN SACHS: Kauft Gold Leute!
Ein weiterer wichtiger Punkt, der den Goldpreis auch angetrieben haben sollte, waren die neuesten Aussagen von GOLDMAN SACHS.
Chef-Rohstoff-Analyst Jeffrey Curry hat am Montag ein neues Research herausgegeben mit dem Titel: TIME TO BUY THE CURRENCY OF LAST RESORT
Fazit:
Wir erleben historische Zeiten. Es sieht so aus, als driften die Spot-Märkte und die Papier-Gold-Märkte auseinander. Das macht die Preisfindung schwierig und wer physisches Material haben will, braucht derzeit viel Glück. Ich rede jetzt nicht von 10 Unzen Gold, sondern von anderen Größenordnungen.
Die Frage ist natürlich, handelt es sich hier nur um eine kurze temporäre Geschichte, die sich in einigen Tagen oder Wochen wieder erledigt hat oder ist es der berühmte Umbruch im Goldmarkt, bei dem die Anleger das Vertrauen in das „Papiergold“ verlieren und nur noch physisches Material oder das Gold im Boden kaufen (Goldminen).
Die deutlichen Unterschiede zwischen dem Future und dem Spot deuten auf hohen Stress im System hin und wie immer geschrieben, ist das physische Material im Tresor immer der Königsweg.
Doch wie wir aus der Vergangenheit auch wissen, ändern die Terminbörsen in solchen Situationen gerne einmal die Regeln, so dass der Schein gewahrt bleibt.
Es könnte also gut sein, dass die Terminmärkte in den nächsten Stunden das Regelwerk anpassen, um den Druck für etwaig schief liegende “Institutionen” zu lindern oder um Zeit zu gewinnen. Dies wäre nicht das erste Mal der Fall, sondern eher die “Regel, als die Ausnahme”.
Die nächsten Tage werden also volatil bleiben! Allerdings kristallisiert sich jetzt schon heraus, dass Gold als Vermögensklasse wieder in das Blickfeld der Anleger gerät, die noch vor Monaten keinen Grund gesehen haben, gut laufendes Kapital in den Aktienmärkten gegen schnödes Gold zu tauschen.
Bleiben Sie gesund!
Ihr
Hannes Huster